Donnerstag, 28. August 2014

Machbarkeitsstudie zur Wirkung von Infraschall ...



... im Auftrag des Umweltbundesamtes  Juni 2014
UBA-FB 001948  Auszug: Die Bewertung und Beurteilung von tieffrequenten Geräuschen (definiert als Frequenzbereich zwischen 8 und 100 Hz) erfolgt derzeit in Deutschland nach der „Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm [136]“ mit der DIN 45680. Diese Regelung berücksichtigt nur Geräuschanteile, die eine definierte (mittlere) Hörschwelle überschreiten.
Im Rahmen der Überarbeitung der DIN 45680 wurde auf die Erweiterung des Frequenzbereiches zu tieferen Frequenzen hin verzichtet, so dass der Infraschallbereich unter 8 Hz (Terzmittenfrequenz) derzeit nicht eigens beurteilt werden kann.
Eine im Zusammenhang mit Infraschall häufig untersuchte Geräuschquelle sind Windenergieanlagen. Die Veröffentlichungen zeigen, dass die Erfassung von Abstrahlung und Ausbreitung der Geräusche von Windenergieanlagen mit Unsicherheiten behaftet sind, die eine fundierte Geräuschprognose erschweren.
Mit wachsender Höhe der Windenergieanlagen durchschneiden die Rotorblätter ein stärker variierendes Windprofil. Es ist daher fraglich, ob das Abstrahlungs- und Ausbreitungsmodell für kleinere Windenergieanlagen auf moderne, große Anlagen übertragbar ist. Aufgrund theoretischer Betrachtungen von Strömungsakustikern ist nicht davon auszugehen. Ein erweitertes Wissen über die genannten Vorgänge wäre aber nicht nur eine notwendige Voraussetzung für eine bessere Immissionsprognose. Die gewonnenen Erkenntnisse könnten auch Hinweise für eine bessere Lärmminderung von Windenergieanlagen liefern.
• Defizite zeigen sich auch in der Literatur im Hinblick auf einen Schutz gegen tieffrequenten Schall und Infraschall. Die physikalischen Gegebenheiten von ausgeprägt tieffrequenten Schallen erschweren einen wirksamen Lärmschutz. Sollen effektive bauliche Schallschutzmaßnahmen getroffen werden, so ist der Aufwand bezüglich eingesetzter Massen oder Volumina umgekehrt proportional zu den Frequenzen. Bei tieffrequentem Schall oder sogar bei Infraschall bedeutet dies in der Regel einen kaum realisierbaren Aufwand.
Gerade bei tieffrequenten Geräuschen ist zudem oftmals eine monochromatische Ausprägung (Tonhaltigkeit) gegeben. Insbesondere bei tonhaltigen Geräuschen können im Einwirkungsbereich (d. h. in Aufenthaltsräumen von Gebäuden) die raumakustischen Eigenschaften einen Einfluss auf die Wahrnehmung der Immissionen haben. Aufgrund ihrer hohen Wellenlänge (λ/2 (20 Hz) ≈ 8,5 m) bilden tieffrequente Geräusche stehende Wellen in Räumen mit den entsprechenden Abmessungen aus (Raummoden), die den Höreindruck in Abhängigkeit von der Position im Raum verstärken können.

Die den Standards zugrunde gelegte Hörschwelle beruht auf Messungen bei Normalhörenden mit einzelnen Sinustönen. Es kann aber gezeigt werden, dass komplexe Geräusche auch schon dann wahrnehmbar sind, wenn die einzelnen Komponenten unterhalb der Hörschwelle liegen.
Eine weitere Diskrepanz besteht darin, dass die tieffrequenten Geräusche häufig in der Amplitude stark schwanken (soz. pulsieren) und damit Adaptionsvorgänge im Gehör auslösen, die ebenfalls zu einer erhöhten Wahrnehmung führen. Über dies hinaus scheinen die tieffrequenten Schalle und der Infraschall bei längerer Exposition bei den Betroffenen zu einer erhöhten Wahrnehmung zu führen.
Eine weitere offene Frage ist, weshalb die Betroffenen in der Regel stark mental beeinträchtigt sind. Ähnliche Beobachtungen sind bei anderen Lärmeinwirkungen bislang nicht zu machen. Ob ein direkter Einfluss auf Hirnfunktionen besteht und dieser deshalb besteht, weil die Hirnaktivitäten den gleichen Frequenzbereich belegen, bleibt zunächst eine noch nicht belegte Hypothese. Die Vorstellung, dass dies so sein könnte, verstärkt die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen in dieser Richtung.

Vor allem während des ersten Weltkriegs wuchs das Interesse der Wissenschaft für die Infraschalltechnologie und später noch einmal während der Kernwaffentests. So wurde Infraschall als langwellige mechanische Strahlung insbesondere als Waffe und für Aufklärungszwecke erprobt.
Seit August 2011 liegt der Entwurf einer überarbeiteten DIN 45680 vor, der auf neueren Untersuchungsergebnissen basiert. Der Frequenzbereich ist dabei wie bereits in der Vorgängerversion auf über 8 Hz (Terzmittenfrequenz) beschränkt, so dass weiterhin nur ein Teil des Infraschallbereichs durch die Norm abgedeckt ist.

Häufig werden Infraschall und tieffrequenter Schall von Vibrationen verursacht und von ihnen begleitet. Betroffene berichten mitunter davon, dass sie zugleich Vibrationen wahrnehmen oder empfinden. Eine andere bekannte Form der multimodalen Reizung ist der Schattenwurf bei Windenergieanlagen in Kombination mit tieffrequentem Schall. Dies wirft die Frage auf, ob sich solche Reize gegenseitig verstärken und damit zu einer überhöhten Wirkung führen können.

Schon bei den Untersuchungen in den 1980er Jahren von Broner / Leventhall (vgl. [15][18][16][17]) und Andresen / Møller (vgl. [2][91]) wurde festgestellt, dass tieffrequenter Schall in besonderer Weise belästigend wirken kann.

Immissionsprognose
Eine Prognose der Schallverhältnisse am Immissionsort (außen) auf Basis der Gegebenheiten am Emissionsort (außen) ist trotz der angesprochenen, fast ungehinderten Schallausbreitung schwierig. Sie ist nur dann zutreffend, wenn
a)ein geeignetes Quellenmodell angewendet wurde und
b)der Abstand zwischen den beiden Orten nicht zu groß ist.

Diese Rahmenbedingungen sind häufig nicht gegeben und so ist erklärbar, dass Prognosen nicht selten von den gemessenen Ergebnissen erheblich abweichen. Ebenso schwierig ist der Rückschluss von den Gegebenheiten am Immissionsort auf die verursachende Quelle.
Zu a): Liegt kein geeignetes Quellenmodell vor, so besteht die Gefahr, dass die Gegebenheiten am Emissionsort nicht repräsentativ erfasst werden und damit die Basis für eine fundierte Prognose fehlt. Bei Windenergieanlagen scheint dieses Problem vorzuherrschen, denn bei entsprechenden Untersuchungen werden häufig Abweichungen zwischen Modell und Messung (vgl.[4][60])  festgestellt. Zur Verbesserung der Prognose werden deshalb nach Turnbull et al. (2012)[150] Alternativen zum Kugelwellenmodell vorgeschlagen, mit denen eine Abstandsverdopplung mit einer Reduktion von 6 dB verbunden wäre. Hierdurch würden allerdings die Pegel am Immissionsort regelmäßig unterschätzt werden. Bei einem Zylinderwellenmodell, von dem bei größeren Windenergieanlagen eine Verbesserung der Prognose erwartet wird(vgl.[94][54]), wären dies nur 3 dB pro Verdopplung. Wahrscheinlich ist aber auch dieses Modell zu einfach. Das charakteristische pulsierende Geräusch von Windenergieanlagen, das lange Zeit mit dem Passieren eines Rotorblatts am Turm erklärt wurde, wird derzeit mit dem Durchschneiden verschiedener Schichten im Windprofil erklärt.
Dabei entstehende Turbulenzen könnten nach Kameier et al. (2103)[65]
einen impulshaltigen Charakter verursachen. Bei solchen Turbulenzen können sich Wirbel ablösen, die auch über größere Entfernungen sehr formstabil zu einer stark gerichteten Abstrahlung führen können.
Ein mittlerweile schon berühmtes Bild (Abbildung 9) kann dafür als Beleg herangezogen werden. Es ist die Aufnahme des Off-Shore-Windparks Horns Rev 1. Die meteorologischen Bedingungen sind so, dass die Luftfeuchte knapp unter der Sättigungsgrenze liegt. Die leichte Druckerhöhung durch die Luftwirbel löst eine Kondensation aus. Damit zeigen die Kondensationsfahnen die Verteilung der Druckwelle an. Auch die Betreiber von Windenergieanlagen interessieren sich für dieses Phänomen, da Windenergieanlagen, die in
Wirbelschleppen von anderen Anlagen liegen, weniger effektiv Strom erzeugen (Parkeffekt).

Photograph: Christian Steiness (Abbildung9)
Zu b): Ein großer Abstand zwischen Emissions-und Immissionsort
verstärkt den Einfluss der Meteorologie. Dies kann bei instabilen Wetterlagen
schlagartig andere Ausbreitungsverhältnisse und damit stark schwankende Pegel
zur Folge haben. Die von vielen  Betroffenen gemachte Beobachtung, dass nachts die Geräusche von Windenergieanlagen lauter wären, wurde früher mit einer erhöhten Empfindlichkeit / Aufmerksamkeit der Betroffenen hinsichtlich der Geräusche erklärt. Durch Van den Berg(2006)[156]konnte aber nachgewiesen werden, dass nachts systematisch andere Ausbreitungsbedingungen vorliegen, die auch dafür verantwortlich sind. Nicht selten ist festzustellen, dass Pegel mit zunehmendem Abstand nicht kontinuierlich abnehmen, sondern auch zunehmen können. Dieser Effekt ist durch das Windprofil bedingt.
5.3.3Wirkungen von Infraschall auf den Menschen
Eine detaillierte Analyse der verfügbaren Literatur zeigt, dass weitgehend auf den tieffrequenten Bereich konzentrierter Schall schon bei niedrigen Pegeln
das mentale Wohlbefinden deutlich beeinträchtigen kann. Mit zunehmender Verschiebung zu tiefen Frequenzen bis in den Infraschallbereich verstärkt sich dieser Effekt. Das ist das Ergebnis verschiedener Untersuchungen im Feld und im Labor vgl.[162][26][69][113][9][159][8]).
Schwierig ist dabei eine Grenzziehung, ob eine Belästigung wirklich einer messbaren Belastung zuzuordnen ist, wie z.B. Van den Berg(2000/2012) [155] [157]feststellt. Eine Konzentration des Schalls auf den tieffrequenten Bereich tritt im Alltag immer häufiger auf.
Als wesentliche Gründe hierfür sind zu nennen:
•das vermehrte Vorhandensein tieffrequenter Quellen
•die physikalisch bedingte fast
ungehinderte Ausbreitung des tieffrequenten Schalls
•die baulichen Schallschutzmaßnahmen (z. B. Schallschutzfenster), die fast ausschließlich gegen den Schall im mittleren und höheren Frequenzbereich schützen (konventionelle Bautechnik), die Ausbildung von starken Raumresonanzen, die durch moderne Architektur und Wohnungseinrichtungen gefördert werden.
In einer sehr leisen Umgebung z. B. in einer sehr ruhigen Wohngegend in der Nacht –kann eine mentale Wirkung schon eintreten, wenn der Schall gerade wahrnehmbar ist. Konsequenterweise orientieren sich die einschlägigen Regelwerke an der Hörschwelle. Die Hörschwellen der einzelnen Menschen variieren. In Møller / Pedersen (2004)[93]wird davon gesprochen, dass individuelle Hörschwellen bis zu 20 dB unterhalb der mittleren
Hörschwelle liegen können.
Neben diesem individuellen Faktor gibt es weitere Faktoren, die dazu beitragen, dass ein Geräusch auch unterhalb der festgelegten Hörschwelle hörbar ist.
Diese wurde nämlich mit Sinustönen ausgemessen. Vielfach wurde belegt, dass komplexere Geräusche zu einer niedrigeren Hörschwelle führen, d. h. das ein Geräusch mit einer höheren Wahrscheinlichkeit hörbar ist, auch wenn alle seine Komponenten unterhalb der festgelegten Hörschwelle liegen(vgl. Møller /Pedersen(2004)[93]).
Da die unterste Frequenzgruppe bis 100 Hz reicht, kann dies auf eine summarische Wirkung der einzelnen Komponenten zurückzuführen sein. In der Regel sind Geräusche, die auf ein schmales Frequenzband begrenzt sind, in ihrer Einhüllenden stark fluktuierend. Dies ist ein weiteres Merkmal, das zu einer erhöhten Wahrnehmbarkeit des Geräusches führt. Bislang wird dieses Merkmal aber nur in einer dänischen Richtlinie[169]in Form eines Zuschlags berücksichtigt, wenn die Differenz zwischen dem 10er-und dem 90er-Perzentil 5 dB übersteigt. In Anbetracht des Umstandes, dass in den einschlägigen Veröffentlichungen einhellig die Meinung vertreten wird, dass Pegelschwankungen einen starken Einfluss haben und zu berücksichtigen sind (vgl.[123][101][99][12][74][79][86][154]), könnte hier noch mehr getan werden. Allerdings besteht in der Wissenschaft kein Einvernehmen über das geeignete Maß, denn die Perzentildifferenz allein reicht für eine fundierte Aussage über die erhöhte Wahrnehmbarkeit nicht aus.
Daneben ist nach Bengtsson et al.[9]auch die Frequenz von Bedeutung, mit der die Einhüllende variiert.
Dass mit einer erhöhten Wahrnehmbarkeit eine erhöhte Lästigkeit einhergehen kann, ist nachvollziehbar. Trotzdem müssen Personen mit einer niedrigeren Hörschwelle nicht zwangsweise stärker belästigt sein. So können jüngere Personen zwar eine niedrigere Hörschwelle haben, gleichzeitig aber eine höhere Akzeptanz gegenüber tieffrequenten Geräuschen aufweisen. Auf der anderen Seite gibt es einen gewissen Prozentsatz von Personen, der allerdings nicht genau beziffert werden kann, die insbesondere gegenüber tieffrequenten  Geräuschen sehr empfindlich sind. Bei ihnen fallen die Hör-und die Akzeptanzschwelle zusammen, d.h. sobald sie das Geräusch hören, fühlen sich
sehr belästigt (vgl. [97][168]).
Ein großer Anteil der Veröffentlichungen befasst sich mit der Frage der Abschätzung der empfundenen Belästigung auf Grundlage der gemessenen Belastung. Dabei kristallisiert sich kein einheitliches Bild heraus. In manchen Untersuchungen(z. B. [103][73][142][58][56])wird extra darauf hingewiesen, dass die Probanden Normalhörende (häufig jüngere Leute) sind, die zum Teil vor dem Test daraufhin untersucht wurden. Falls solche Tests bei Studien nicht durchgeführt wurden, trug die Gruppe der besonders empfindlichen Personen bei der Analyse zu erhöhten Varianzen bei. Die Untersuchungen, die den Umstand der besonderen Empfindlichkeit als Merkmal erfassten, weisen daher oft eindeutige Forschungsergebnisse aus(vgl. [168][102][122][160][41][3][78][123]).
Es lässt sich diskutieren, ob eine solche Sonderbehandlung gerechtfertigt ist. Schließlich ist fast jeder Mensch in irgendeiner Hinsicht biologisch gesehen empfindlich und wird trotzdem nicht zum Maßstab genommen. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass die Situation anders bewertet werden könnte, wenn jemand durch eine Exposition erst empfindlich wird. Die Forschungen von A. Salt (2010 –2012)[128][130][129]befassen sich mit Mechanismen, anhand derer dies erklärbar wäre.
Aus dem Umstand, dass die äußeren Haarzellen im Innenohr fest mit der darüber liegenden Tektorialmembran verbunden sind, während die inneren Haarzellen nur in den mit der Tektorialmembran gebildeten Flüssigkeitsspalt hineinragen, resultiert bei tiefen Frequenzen ein prinzipiell unterschiedliches Verhalten. Ausgelöst durch Bewegungen der Basilarmembran führt die Tektorialmembran Scherbewegungen gegenüber den Haarzellen
aus, die auch bei beliebig langsamen Bewegungen die äußeren Haarzellen verbiegen. Diese reagieren mit merklich evozierten Potenzialen. Demgegenüber kann die Flüssigkeit mit abnehmender Frequenz immer weniger die Bewegung auf die inneren Haarzellen übertragen, da die übertragbaren Kräfte proportional zur Geschwindigkeit sind. Die inneren Haarzellen sind die eigentlichen Sensoren, die ihre Anregung über afferente (3) Hörnerven an das Gehirn weiterleiten. Die äußeren Haarzellen fungieren als Aktoren. Ihre Verbindung zum Gehirn besteht im Wesentlichen aus efferenten Nervenfasern (vom Gehirn kommend), doch ein kleiner Teil ist auch afferenter Natur. Sie könnten damit in einen komplizierten Regelungsmechanismus eingebunden sein, der bei Daueranregung zu anormalen Reaktionen führen könnte.
Weiterhin hat A. Salt(2012)[128]bei Tieren eine erhöhte Reaktion nahe der Spitze (Bereich zuständig für tiefe Frequenzen) der Cochlea (4) in vivo (5) festgestellt, wenn im Stimulus höhere Frequenzanteile fehlen. Möglicherweise ist dies ein physiologisches Korrelat für die erhöhte Lästigkeit von konzentriert tieffrequenten Geräuschen. Ein weiteres Phänomen, dem Salt nachgegangen ist, ist die Bildung so genannter Hydrops (Volumenerweiterungen) in der Scala media. Untermauert von den Ergebnissen mittels einer neuen Messmethode konnten die Vorgänge, die zur Bildung von Hydrops führen, nachvollzogen werden(vgl. Salt (2010)[128]).
Es wird angenommen, dass über eine Verbindung zum Gleichgewichtsorgan die
Volumenerweiterung auf dieses Organ wirken kann. Dadurch könnten die gelegentlich beschriebenen Irritationen wie Schwindelgefühle ausgelöst werden, die die Wahrnehmung von tieffrequenten Geräuschen begleiten.

Betrachtet man die exemplarisch aufgeführten Untersuchungsergebnisse, wird deutlich, dass Infraschall ab gewissen Pegelhöhen vielfältige negative Auswirkungen auf den menschlichen Körper haben kann. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass viele der negativen Auswirkungen von Infraschalleinwirkungen die Bereiche Herz-Kreislaufsystem, Konzentration und Reaktionszeit, Gleichgewichtsorgane, das Nervensystem und die auditiven Sinnesorgane betreffen. Probanden klagten häufig über Schwindel-und Unbehaglichkeitsempfindungen bei Infraschallexposition.
Vergleicht man die Untersuchungsergebnisse, wird deutlich, dass negative Auswirkungen von Infraschall im Frequenzbereich unter 10Hz auch bei Schalldruckpegeln unterhalb der Hörschwelle nicht ausgeschlossen sind.

c)Führt eine langanhaltende Exposition zu Habituation13oder zu einer Sensibilisierung?
Vielfach wird unterstellt oder beruht sogar auf eigenen Erfahrungen, dass man sich scheinbar an gewisse Dinge auf Dauer gewöhnen kann, so auch an Lärm, wenn er z. B. nicht zu laut ist (Habituation). Im Allgemeinen tritt jedoch ein Gewöhnungseffekt nur scheinbar auf und ist oft das Resultat einer Verdrängungsstrategie. Eine solche Strategie scheint aber bei tiefen Frequenzen nur schwer möglich zu sein, denn mit steigender Dauer der Exposition nimmt die Empfindlichkeit zu (Sensibilisierung) (vgl. Persson / Rylander (2001) [119]). Das wirft folgende Fragen auf: Gibt es dazu ein physiologisches
Korrelat, das diesen Vorgang verstehen lässt? Gibt es eine Möglichkeit, diese
Sensibilisierung auszuhalten oder sogar wieder rückgängig zu machen?
d)Warum wirken Infraschall und tieffrequenter Schall so belästigend und warum ist nur ein gewisser Prozentsatz der Bevölkerung besonders empfindlich demgegenüber?
Wird der Vorgang der Sensibilisierung verstanden, ist vielleicht auch erklärbar, warum nur ein gewisser Anteil der Bevölkerung sehr empfindlich reagiert? Diese besondere Empfindlichkeit bedeutet aber nicht, dass andere Personen den betreffenden Schall positiv bewerten. Auch von ihnen wird er in der Mehrzahl als belästigend empfunden, aber eben bei höheren Pegeln.



3Zum zentralen Nervensystem laufende Nervenfasern
4Teil des Innenohrs Hörschnecke, Ist das Rezeptorfeld für die Hörwahrnehmung,
5Am lebenden Organismus
13 Gewöhnung an einen länger anhaltenden Reiz, erlernte Verhaltensunterdrückung

Beispiele von Untersuchungen aus der Studie:

Karpova (1970) [66] setzte männliche Probanden industriellem Infraschall (5/10 Hz mit 100/135 dB) aus. Dabei wurden Müdigkeit, Benommenheit, Apathie, Depressionen, Konzentrationseinbußen und Schwingungen der inneren Organe festgestellt. Weiterhin war die Leistung der Herzmuskelkontraktion verringert.
Faustov (1993) [37] stellte nach einer Exposition im Schallfeld bei 10 Hz und 100 dB über 24 Tage (sechs Stunden täglich), ab der vierten Stunde der Einwirkung eine anfängliche Aktivierung des vegetativen Nervensystems, eine veränderte Gerinnungsfähigkeit und einen veränderten Sauerstoffgehalt des Blutes fest.

Takigawa (1988) [143] setzte 34 Personen für fünf Minuten einem breitbandigen tieffrequenten Rauschen von 0,1 bis 10 Hz, 5 Hz und 16 Hz bei 95 dB(C) aus. Hierbei wurde festgestellt, dass beim Schließen der Augen die konfusen Körperschwingungen  (Körpereigenresonanzeffekte gemessen mit EEG)
verringert wurden. Daraus ergab sich für ihn die Annahme, dass die Erregbarkeit des Gleichgewichtorgans durch Infraschall beschleunigt wird.

Wirkungsradien und Betroffenheit
Auf Grund der großen Wellenlängen des Infraschalls und der dadurch bedingten sehr geringen Dämpfungseffekte im Ausbreitungsmedium Luft und anderer Strukturen können die „Wirkungsradien“ bzw. Ausbreitungsdistanzen um eine Infraschallquelle mehrere Kilometer betragen.


Praktisch relevante Quellen sind Wärmepumpen, Biogasanlagen, Blockheizkraftwerke, Windenergieanlagen, Kälte- und Klimaanlagen, Lüftungen und Gebäudeheizungen sowie Pressen/Stanzen in der Gruppe der Produktionsstätten.

Als Spektrum der Wirkungen von Infraschall wurden im Rahmen der Literaturanalyse folgende Wirkungsbereiche identifiziert.
• Veränderung im Herz-/Kreislaufsystem (z. B. Änderung des Blutdrucks, Herzrate)
• Konzentrationsschwäche, Reaktionszeitänderungen im Leistungstest
• Einwirkung auf auditive Sinnesorgane und auf das Gleichgewichtsorgan
• mit den o. g. physischen Wirkungen einhergehende psychovegetative Störungen bzw. erlebtes Unbehagen (Schwindel, Müdigkeit, Benommenheit, Druckgefühl am Trommelfell, Vibrationsgefühl)
• (erlebte) Schlafstörungen, Störungen der Konzentration bei (geistigen) Tätigkeiten und Belästigung.
Die Infraschallexposition kann anhand der sechs Merkmale (Eigen-) Überdeckung, Pegel, Frequenzbereich, Zeitverlauf, Impulshaltigkeit und Tonhaltigkeit unterschieden werden.

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